Reisebericht 9.5.2018 - 14.5.2018 Team Nagyatad
9. Mai
Nach vier Tagen in Bonyhad trennt sich heute das Team und zwei Leute fahren nach Nagyatad. Nach dem Frühstück geht's los, zuerst zu Erika. Die blinde Vacsi spielt mit Mini und Mano, auch die alte Nera mischt mit. Viele Hunde sind hier, neue, die noch gar keine Namen haben. Einige sind noch völlig verängstig, wie unsichtbar, nur Erika und Ivett können sie anfassen und zu sich rufen. Der von Läusen zerfressene Welpe, der erst vor Kurzem gefunden wurde, ist zutraulich und freut sich über unsere Zuwendungen. Die Haut sieht immer noch schlimm aus, wird aber täglich behandelt und die Wunden heilen langsam ab. Er kommt mit ins Tierheim.
Am Eingang begrüssen uns die alten Bekannten, Zoya und Big Mac. Auch hier viele neue Hunde, auch Welpen, ohne Namen, zu viele in letzter Zeit. Alle Zwinger sind überbelegt, mehrmals täglich gibt es Streit und Beissereien wegen Dichtestress. Wir beginnen mit Fotos und Videos und versuchen die Hunde etwas besser kennen zu lernen um sie gut beschreiben zu können.
Mittendrin kommt ein Telefon, jemandem in der Stadt ist ein Hund aus dem Auto entwischt. Man ruft einfach das Tierheim an, die Betreuerinnen haben ja sonst nichts zu tun. Ivett und Erika fahren los und kommen kurze Zeit später zurück, sie konnten den Hund einfangen und seinem Besitzer zurück geben.
Weiter geht's mit Fotos. Auch die Grösse der Hunde ist wichtig, da man sie auf den Fotos manchmal nicht gut schätzen kann. Am Ende des Tages sind die ersten 500 Fotos und Videos im Kasten. Zum Vergnügen wollten wir noch den kleinsten und grössten Hund messen, Pixel und Poyraz. Pech gehabt: unser Messbrettchen endet bei 70 cm und Poyraz ist einiges grösser.
Spät abends endlich Dusche, Nachtessen mit Freunden und dann wie ein Stein ins Bett gefallen.
10. Mai
Der Tag beginnt mit einem Besuch bei der Tierärztin, vier Junghunde, einer mit blauen Augen, müssen kastriert werden. Der Erste erhält eine kleine Narkose, die anderen drei dürfen noch ein wenig im Hof spielen und schnüffeln. Frici, der weisse Kater der Tierärztin, macht einen Kontrollrundgang in der Umgebung. Als er zurück kommt rennt einer der Welpen neugierig auf ihn zu, aber Frici hat grad keine Lust mit ihm zu spielen und verzieht sich wieder.
Die nächsten drei werden nun nacheinander operiert. Jetzt ist die Luft rein, Frici kommt zurück, marschiert ins Empfangszimmer und macht es sich auf einem Stuhl gemütlich. Die vier Jungrüden werden zum Auto getragen und zurück ins Tierheim gebracht.
Wir machen einen kurzen Abstecher zum Otterpark in der Nähe von Nagyatad. Ein riesiges Naturschutzgebiet mit vielen Seen und Bächen, das schon seit langer Zeit besteht und den grössten freilebenden Bestand an Ottern in Europa aufweist. Einige der Otter sind handzahm, allerdings nur mit ihren Betreuern. Sie haben Namen und kommen, wenn sie gerufen werden. Zur Belohnung gibt es Fisch, der vor dem Essen zuerst zum Wasser getragen und gewaschen wird.
Zurück zum Tierheim, da stehen bereits Interessenten vor dem Tor, sie wohnen in der Nähe und möchten einen Hund aus dem Tierheim. Sie werden herum geführt, zwei Hunde kommen schliesslich in die engere Wahl. Die Hunde bleiben jedoch hier, zuerst wird bei den Interessenten zu Hause ein Homecheck gemacht.
Wir machen weitere Fotos, die Welpen vom Februar sind immer noch da, sie sind grösser geworden und kaum wieder zu erkennen. Die nächsten Hunde werden zwingerweise in den Freilauf gelassen, Fotos, Videos. Viele Langzeitinsassen kennen wir inzwischen, aber die Übersicht geht allmählich verloren, zu viele neue Hunde.
Am späten Nachmittag erwarten wir eine Adoptantin aus der Schweiz, die ihren Hund selber abholen möchte. Bunny wird alleine aus dem Zwinger gelassen und hüpft im Freilauf herum. Als die Adoptantin kommt rennt er geradewegs auf sie zu und sie erhält einen Schlabber quer über's Gesicht. Passt. Sie macht mit Bunny und ihrem Hund einen Spaziergang, auch hier alles gut, beide vertragen sich problemlos.
Ein Gewitter zieht auf und es beginnt zu regnen, bald ist alles nass und sumpfig. Wir ziehen uns kurz ins Katzenhaus zurück und machen dann weiter. Bei bisher 30°C und inzwischen Sonnenbrand kommt uns die Abkühlung gerade recht.
Ivett und Erika müssen kurz weg, unterwegs zwischen zwei Dörfern finden sie wieder einen ausgesetzten Hund. Er ist verunsichert und schnappt, aber sie können ihn einfangen und ins Tierheim bringen. Noch ein Namenloser mehr in den bereits überfüllten Zwingern. Verschüchtert sitzt er in der Box, Erika beruhigt ihn. Wir sind froh, dass er von den anderen Hunden freundlich aufgenommen wird.
Die Sonne scheint wieder und zum Schluss dürfen noch die am Morgen kastrierten Junghunde in den Freilauf. Sie haben alles gut überstanden und machen einen munteren Eindruck. Etwas durchnässt geht's zurück ins Hotel und zum gemeinsamen Nachtesssen mit der Adoptantin. Dann nur noch Schlafen.
11. Mai
Kurzes Morgenessen und danach zum Tierheim. Bunny wird abgeholt und geht auf die Heimreise. Von einer Pflegestelle werden Welpen ins Tierheim gebracht. Es sind mehrere noch namenlose Welpen, dann Pooky, Prada und Prima die im Alter von 2 Wochen in einer Kartonschachtel im Wald gefunden und mit der Flasche aufgezogen wurden. Alle können nun alleine fressen und müssen in einen Zwinger umziehen. Traurig verabschiedet sich die Pflegemama von den Kleinen, die sie so lange betreut hat. Wir hoffen alle, dass sie ein gutes Zuhause finden werden. Mehrere erwachsene Hunde hier sind seit Welpenalter im Zwinger.
Zwinger putzen, füttern, alles ist noch nass vom gestrigen Regen. Weiter geht's mit Fotos und Videos. Ateschli, die junge Hündin mit starker HD wird herausgelassen. Das eine Bein wurde vor einer Woche operiert, sie kann einigermassen laufen. Sie sollte Physio und Training erhalten, aber dies ist hier unmöglich machbar.
Langzeitinsasse Wolfi kommt in den Freilauf und freut sich unendlich, dass wir uns mit ihm beschäftigen und ihm Bälle werfen. Er bringt alle zurück und wartet gespannt auf den nächsten Wurf. Warum nur sitzt dieser Traumhund immer noch im Tierheim? Weil er schwarz ist? Ein paar wenige Minuten Abwechslung, mehr Zeit ist nicht bei weit über hundert Hunden.
Wir widmen uns den Langzeitinsassen und den alten Hunden. Mehrere sind seit Welpenalter im Tierheim, auch die etwas schüchternen Hunde Polka, Lori und Rózsi. Sie kennen nicht viel mehr als Zwinger und manchmal Freilauf. Mit etwas Geduld können wir sie zu uns locken und streicheln. Der inzwischen 8-jährige Barni ist auch wieder zurück im Tierheim. Die älteren Hunde sind alle noch fit, interessiert an ihrer Umgebung und geniessen es, beachtet und gestreichelt zu werden. Einige von ihnen sind noch nicht lange da und wir wissen nichts über ihr bisheriges Schicksal, aber sie sind durchwegs frendlich und vertrauen uns.
Auch heute wieder Gewitter, diesmal mit Wolkenbruch. Die Hunde sind erstaunlich ruhig, sie erschrecken zwar wenn es donnert, einige bellen und einige verkriechen sich, aber den meisten scheint es nicht so viel auszumachen. Der heftige Regen verunmöglicht weiteres Fotografieren und wir kehren ins Hotel zurück. Mails checken, Anfragen müssen beantwortet werden, viele wissen nicht dass wir alle in Ungarn sind und kaum Zeit finden zu antworten. Und die Hunde sind im Moment einfach wichtiger.
12. Mai
Wir freuen uns alle, dass heute das Bonyhad Team nach Nagyatad kommt. Geplant war auch hier ein Spaziergang mit vielen Hunden, doch es kommt anders. Kurz vor Ankunft des Teams wird ein alter, verwahrloster Hund zum Tierheim gebracht. Er wurde bewegungslos auf der Strasse gefunden und liegt apathisch im Auto. Wasser und Futter wird gebracht, aber kaum mehr Reaktion. Der Besitzer ist bekannt, er sagt, der Hund wäre sehr alt, kümmert sich aber nicht weiter. Kurze Zeit später kommt der Notfall-Tierarzt, eine Magendrehung wird vermutet, der Hund wird in die Praxis gebracht.
Viele Hunde dürfen nun auf einen Spaziergang und es wird berichtet, was alles erlebt wurde: wie sich der Hund an der Leine verhält, mit anderen Hunden umgeht, wie er an fremden Menschen interessiert ist oder auch nicht, wie er auf Autos, Velos, Pferde und andere ungewohnte Situationen reagiert. Wirklich alle Hunde freuen sich riesig über die Abwechslung, schmusen, hüpfen, springen, schnüffeln, etwas erleben bevor es in die Zwinger zurück geht.
Erika und Ivett kommen mit dem gefundenen Hund von der Praxis zurück. Die Magendrehung wurde bestätigt und er konnte nicht mehr gerettet werden. In einem schwarzen Plastiksack legen sie ihn in den Kadaverbehälter. Legen, nicht werfen. Auch dieses Schicksal geht nicht spurlos an ihnen vorüber. Es beginnt zu donnern, ein Gewitter kündigt sich an. In gedrückter Stimmung veranschiedet sich das Bonyhad-Team, auch wir trauern um den unbekannten Hund der so enden musste.
13. Mai
Letzter Tag, packen, auschecken und ins Tierheim. Csampi mit dem Vorbiss, Kopi, Shakira und Sebes, der schon als Welpe so lange angekettet war bis die Kette einwuchs, dürfen aus dem Zwinger. Danach stürmen die schwarzen Halbwüchsigen den Freilauf und toben sich aus, Lucky mischt kräftig mit und klaut noch schnell eine Kaustange.
Weiter geht's zu Erika. Dem frisch operierten Hund, der gestern von Mohacs gebracht wurde, geht's gut. Er läuft im Garten herum, ist lieb und zutraulich, von der OP merkt man im Moment nichts, er kriegt noch Schmerzmittel. Der riesige Jacko und die kleine Nera sind ebenfalls zur Stelle, auch die anderen Hunde kommen uns begrüssen.
Wir werden von Erika's Familie zum Mittagessen eingeladen. Der Tisch biegt sich ob all den Leckereien, ungarischen Spezialitäten, liebevoll zubereiteten Köstlichkeiten und selbstgebackenem Dessert mit Kaffee.
Die Papiere werden nun fertig gemacht, die Impfausweise sind bereit. Passende Geschirre und Halsbänder für die vermittelten Hunde werden heraus gesucht und die Boxen für den Transport nach Bonyhad vorbereitet.
Auch heute wieder heftiges Gewitter und Wolkenbruch. Die Hunde müssen eingeladen werden, das Tierheim steht 10 cm unter Wasser. Schachtdeckel wurden angehoben, Wasser staut zurück, überall die Feuerwehr am Auspumpen von Häusern. Die Hunde sind nass und schmutzig, sie werden mit Tüchern etwas abgetrocknet und kommen in die Boxen.
Abschied von lieb gewonnenen Menschen und Hunden. Rückfahrt nach Bonyhad, Csoma wimmert leise, die anderen sind ganz ruhig. Vor dem Umladen in den Transportbus gibt's noch einen kurzen Spaziergang, alle Chips werden kontrolliert, dann beginnt die lange Heimreise. Alle kommen wohlbehalten in ihrem neuen Zuhause an und wir freuen uns auf die ersten Rückmeldungen und Fotos.